Mystery im Rollenspiel
von Heiko Schroers
Ein besonderer Scope: Das Mystery-Abenteuer
Am wichtigsten ist, dass Spieler immer wissen sollten, dass sie sich in einem Mystery-Abenteuer befinden.
Mystery ist sehr storyfokussiert, daher sind Details sehr wichtig. Normalerweise sind viele der großartigsten Momente im Pen and Paper Rollenspiel Impro. Aber in einem Mystery-Abenteuer sollte man möglichst nichts in den vorangegangen Ereignissen improvisieren.
Die Spieler*innen achten viel mehr auf Details und werden auch dementsprechend Fragen stellen, also wisse genau, wie etwas passiert ist, damit du auch Fragen, mit denen du nicht gerechnet hast, gut beantworten kannst.
Klassisches Beispiel: Ein Einbruch wird untersucht und eine Spielerin will wissen, ob auf dem Teppich im Salon Erde zu entdecken ist. Selbst wenn mit der Frage nicht gerechnet wurde, ist sie leicht zu beantworten, wenn man genau weiß, welchen Weg der Einbrecher genommen hat.
Mysterien brauchen Grenzen
Wenn Spieler*innen und/oder die Spielleitung zum ersten Mal Mystery spielen/leiten, empfiehlt sich ein sogenanntes Closed Circle Mystery, sprich ein Setting mit klar abgesteckten Grenzen und einer festen und überschaubaren Zahl an Verdächtigen.
Es eignen sich Abenteuer in einen Hotel mitten im Nirgendwo, Mord im Orientexpress, ein abgeschiedenes Dorf. Im Grunde ist fast jeder Agatha Christie-Roman ein gutes Beispiel.
Seid vorbereitet!
In Mystery Szenarien ist es wichtig, die Fähigkeiten, Werkzeuge und ggf. Zauber der Spieler*innen zu kennen und darauf vorbereitet zu sein.
Ein Handy erreicht zwar jemanden in der Polizeiwache, aber ein Streifenwagen kommt nicht zur Berghütte wegen eines Erdrutsches. Ein Zauber lässt die Spielerin zwar mit dem Toten sprechen, aber er wurde hinterrücks ermordet und hat den Täter nicht gesehen/erkannt. Er kann aber einen guten Hinweis liefern, weil kreatives Spiel imho belohnt werden sollte.
Spielt mit der Runde, nicht gegen sie!
Vermeidet nach Möglichkeit Situationen wie: Geht nicht, weil Gründe. Wenn etwas nicht geht, habt ihr einen guten Grund, den die Spieler*innen auch nachvollziehen können. Arbeitet mit den Fähigkeiten und Kräften der Charaktere, nicht dagegen.
Erzeugt Spannung!
Habt eine tickende Uhr, irgendwas, das den Spieler*innen ein Gefühl von Zeitdruck gibt, Beweise die verloren gehen könnten, ein Mörder, der für immer entkommen könnte.
Gebt Hinweise!
Habt genug Hinweise, schenkt sie den Spieler*innen nicht, aber sorgt dafür, dass die Spieler*innen, wenn sie etwas sinnvolles tun, auch mit einem Hinweis belohnt werden. Diese Hinweise sollten die Spieler*innen dahin führen, wo ihr sie haben wollt. Also macht die Hinweise recht klar und einfach, die Spieler*innen werden sie schon ganz alleine komplizierter machen als nötig.
Wenn die Spieler*innen clevere Ideen haben, gib ihnen Hinweise ohne dafür würfeln zu müssen. Wenn es um Würfe geht, verteilt diese recht breit, damit auch alle an dem Mystery mitwirken können. Nicht nur Wahrnehmung und Wissens-Skills, auch Einschüchtern, Animal Handling, Acrobatics, Athletics können und sollten zu Hinweisen führen, damit jeder Charakter auch mal glänzen kann. Vielleicht ist etwas im Stall oder auf dem Kronleuchter versteckt …
Habt vor allem genug Hinweise (3-Clue-Rule z.B.), dass die Spieler*innen auch weiterkommen, wenn sie einen übersehen und/oder für sich genommen falsch interpretieren. Hier kann man auch wunderbar sicherstellen, dass man die Hinweise auf genug unterschiedliche Spielerstärken verteilt.
Improvisation bleibt wichtig
Macht keinen Railroad-Plot, die sind frustrierend und unbefriedigend für die meisten inklusive Spielleitung. Gebt schon anfangs eine Auswahl an Schauplätzen, die Hinweise auf die anderen Schauplätze und das Finale liefern. Also baut es nicht wie eine Kette, sondern eher wie eine Raute (Diamond-Plot). Aber auch bei der Raute sollte keine Option direkt vom Start zum Finale führen.
Ganz, ganz, ganz, wichtig! Seid darauf vorbereitet, trotz allem zu improvisieren.
Gebt noch mehr Hinweise!
Die Spieler*innen haben trotz allem zu viele Hinweise übersehen und sind irgendwo hin spaziert, wo ihr sie nie erwartet habt?
Lasst die übersehenen Hinweise einfach dort sein! Geht nicht, weil sie zu spezifisch zu ihrem geplanten Fundort sind? Gebt neue Hinweise, die es den Spielern leichter machen, die übersehenen am ursprünglichen Ort zu finden!
Trotz allem kommen die Spieler*innen nicht auf den Bösewicht? Vielleicht wird der Bösewicht nervös, weil sie um ihn herum tänzeln, und fühlt sich zum Handeln gezwungen und produziert dadurch neue Hinweise für die Spieler*innen!
Heiko Schroers beschäftigt sich seit den 90ern intensiv mit Rollenspiel. Nach dem ein oder anderen Rollenspielprojekt in den Bereichen Spiel- und Theaterpädagogik darf er sich sogar "professioneller" Rollenspieler schimpfen. Er spielt beim DnDienstag den Charakter "Bobbin Baumbrück".